Media image full width
Vom Bauer statt aus der Büchse Farm-to-Table ist in: Aber was halten Gastronomen vom Trend?
Appenzell statt Frankreich
Ein Blick auf die Karte der «Wirtschaft im Franz» zur Herbstzeit zeigt: Hier steckt viel Saison und Region drin. Zur Vorspeise gibt es etwa Sellerie mit Baumnüssen oder geriebenen Blumenkohl mit gebratenen Pilzen. Wer einen Hauptgang bestellt, erhält Hirsch mit Rotkohl oder Entenleber mit Zwetschgenkonfitüre. Entenleber? «Die Leber stammt von Appenzeller Enten», erklärt Funck sein Menü. Aber Enten aus dem Appenzell – gilt denn das noch als regional? «Viele unserer Produkte stammen von Höfen in Zürich oder der nahen Umgebung. Manche Produkte beziehen wir direkt, andere vom Zwischenhändler.»
Näher zu den Produzenten
Natürlich gibt es in Zürich auch Restaurants, die Farm-To-Table punktuell noch viel radikaler umsetzen. So arbeitet beispielsweise ein bekannter Gastronom ohne Menükarte, lässt sich fast nur vom Angebot der lokalen Produzenten leiten und serviert auch mal an einem Abend ein ganzes Menü nach dem Ansatz Nose-to-Tail vom Schwein. Funck bewundert das, könnte diesen Ansatz bei seiner Kundschaft allerdings nicht durchziehen: «Viele Gäste sind einfach noch nicht so offen, denn sie sind sich die Edelstücke vom Fleisch gewohnt.» Nose-to-Tail fordere ein gewisses Verständnis – es gäbe dann eben für die einen Rippli oder Brust, andere hätten Schnörrli oder Bauchspeck. Nachhaltig wär dieser Ansatz allemal.
Auch wenn Nose-to-Tail fürs «im Franz» nicht an oberster Stelle steht, findet Funck Wege, Nachhaltigkeit in seiner Küche umzusetzen: Er kauft eigentlich immer die unkonventionellen Fleischstücke und verzichtet auf Edelstücke bei Rind und Co. Man spürt: Ihm ist die Wertschätzung für die Produkte wichtig. Er selbst hat schon als kleines Kind auf dem Land zugeschaut, wie ein Schwein geschlachtet wird. Das Bild begleitet ihn noch heute, wenn er Fleisch verarbeitet. Es hat ihn nicht schockiert, aber geprägt und gelernt, respektvoll mit Fleisch umzugehen.
Nachhaltigkeit bedeutet in der «Wirtschaft im Franz» auch Teamarbeit. Die Crew will es stets genau wissen und es fordert sich selbst immer wieder heraus. So kam es bei Betriebsausflügen auch schon vor, dass die Forellen für das Abendmenü von den Köchen aus dem Zuchtteich gezogen wurden. Nebenbei lernte das Team dabei auch die Familie kennen, die die Fische züchtet. «Danach siehst und behandelst du das Produkt mit ganz anderen Augen», so Funck. «Darum ist uns eine gute Beziehung zu unseren Produzenten und Lieferanten auch sehr wichtig.»
Koch und Gast rücken zusammen
Das Team «vom Franz» sucht aber nicht nur die Nähe zu den Produzenten. Auch im eigenen Restaurant steht das Persönliche im Vordergrund. Die Zeiten, in denen die Köche im fensterlosen Untergeschoss abgeschieden kochten, sind hier passé. Stattdessen ist die Küche direkt im Gastraum platziert. Die Besucher hören es zischen und brutzeln und sehen, wie ihr Gericht zubereitet wird. «Gäste sind heutzutage viel neugieriger», erzählt Funck, «sie stellen mehr Fragen als früher und zeigen Interesse an den Gerichten.»
Ein Feld fürs Restaurant
Funck sieht Farm-To-Table realistisch: «Wir geben uns Mühe und können viele unserer Gäste inspirieren und begeistern. Aber manche kommen, um zu geniessen und wollen nicht mit uns über Saisonkalender oder Food Waste diskutieren.» Das könne er nachvollziehen. «Jedoch finde ich es etwas schade, dass auch heute noch – trotz all den Diskussionen – das Verständnis für gute, faire und saisonale Produkte nicht immer gegeben ist», sagt Funck. Zum Abschluss wollten wir von Sebastian Funck noch wissen, was seine absolute Idealvorstellung für sein Restaurant wäre? «Farm-To-Table!», ist er sich sicher, «ein Restaurant auf dem Land mit eigenem Feld, auf dem unser Gemüse wächst. Ab und zu die Hände selbst in die Erde graben und die Karotten herausziehen. Das wär’s!»