Saubere Sache oder was?
Plätze und Gassen voller Plastikverpackungen, PET-Flaschen und anderem Müll: Bei solchen Bildern denken wir eher an Süditalien, wenn die städtische Abfuhr streikt, als an unseren Alltag. Aber ist bei uns in der Schweiz wirklich alles so sauber, wie es unsere Strassen vermuten lassen?
In Sachen Recycling sieht sich die Schweiz gerne als Musterschülerin. Tatsächlich handelt sie vorbildlich, wenn es um das Einsammeln und Wiederverwerten von PET-Getränkeflaschen, Behältern aus Glas und Aluminium sowie Altpapier geht. Laut dem Branchenverband Swiss RecyclingTarget not accessible findet bei diesen Materialien zwischen 81 und 94 Prozent von dem, was landesweit konsumiert wird, eine neue Verwendung. Trotz des weit verbreiteten Umweltbewusstseins ist Littering – das unbedachte Fallen- und Liegenlassen von Müll – hierzulande ein zunehmend auftretendes Phänomen.
Ist Ihnen das noch nie aufgefallen? Der Grund dafür sind wahrscheinlich die städtischen Putzequipen, die teils Tag und Nacht durch die Strassen ziehen und den Alltagsmüll wegräumen – darunter auch der sogenannte fliegende Müll, der einen grossen Teil des Littering ausmacht. Dieser entsteht durch rund 1 Million Take-away-Produkte, die in der Schweiz täglich im öffentlichen Raum konsumiert werden. Hiervon landet zwar ein Grossteil der Verpackung am richtigen Ort, nämlich in Abfalleimern oder Recycling-Behältern, Vieles landet aber auch in Parks, auf öffentlichen Plätzen oder in der Natur ausserhalb von städtischen Ballungszentren und auch auf der Strasse oder dem Boden des Zugsabteils.
Wie viel kostet Littering?
Littering verursacht gemäss Bundesamt für Umwelt (BAFU)Target not accessible jedes Jahr Kosten von rund 200 Millionen Franken. Davon entfallen 150 Millionen Franken auf die Gemeinden und 50 Millionen Franken auf den öffentlichen Verkehr. Das Phänomen ist unter anderem eine Folge des veränderten Konsum- und Freizeitverhaltens in Verbindung mit zunehmender Mobilität, wodurch der Bezug zur Umgebung verloren geht. Mehr noch: Das BAFU stellte in einer 2019 herausgegebenen Studie fest, dass in der Schweiz jedes Jahr 5000 Tonnen Plastikmüll in der Natur landen. Aber Achtung: Nicht nur Plastik ist ein Problem. Gerade biologisch abbaubare Materialien wie Holz, Karton oder Lebensmittel werden viel zu oft nicht richtig entsorgt. Nur weil sich eine Bananenschale irgendwann einmal zersetzt, ist es trotzdem keine Lösung, sie einfach auf den Grünstreifen am Strassenrand zu werfen.
Geld oder Vernunft?
Expertinnen und Experten sind sich einig, dass Handlungsbedarf besteht. Nicht gleicher Meinung sind sie aber, wenn es um die konkrete Lösung geht. Einige sind davon überzeugt, dass dem Littering-Problem vor allem durch hohe Geldstrafen beizukommen ist –wie beispielsweise in Singapur. Dort gibt es bereits für Kleinigkeiten, wie zum Beispiel einen Kaugummi auf den Boden zu spucken, eine horrende Busse. Auch in der Schweiz setzen einige Kantone auf das Littering-Verbot. In Lausanne, Basel und Bern bezahlt man zwischen 80 und 150 Franken Bussgeld, wenn man Abfall auf den Boden wirft. Doch funktioniert der Abschreckungseffekt? Kritische Stimmen meinen nein. Sie setzen sich für den Präventionsansatz ein. So hat sich etwa die Interessengemeinschaft saubere Umwelt IGSUTarget not accessible zum Ziel gesetzt, die Gesellschaft zu sensibilisieren und die Einstellung der Menschen zu Littering nachhaltig zu ändern.
Welche Folgen hat Littering
Auswirkungen auf Menschen
Littering stört und reduziert die Lebensqualität und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung im öffentlichen Raum und verschlechtert das Image einer Stadt oder Gemeinde. Littering kann auch direkte negative Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen haben, zum Beispiel wenn sich Kinder an weggeworfenen Gegenständen schneiden oder verbrennen oder wenn sie verunreinigte Abfälle in den Mund nehmen.
Ökologische Auswirkungen
Weggeworfene Gegenstände haben negative Folgen für die Umwelt. Einerseits verunreinigt Littering Boden, Pflanzen und Gewässer, andererseits lassen sich die weggeworfenen Materialien nicht in Stoffkreisläufe zurückführen und können somit nicht recycelt werden. Stattdessen müssen neue Ressourcen mit all den damit einhergehenden Umweltauswirkungen gewonnen werden.
Ökonomische Auswirkungen
Littering kostet viel Geld. Die Reinigungskosten für Littering belaufen sich in der Schweiz jährlich auf rund 200 Millionen Franken: 75 Prozent fallen im öffentlichen Raum von Städten und Gemeinden an und 25 Prozent im öffentlichen Verkehr. Zusätzlich entstehen hohe Kosten für Präventionsmassnahmen und Sensibilisierungskampagnen.
(Quellen: www.bafu.ch; www.igsu.ch)
Zero Littering – wie schaffen wir das?
Eine Littering-freie Welt baut auf drei Säulen auf: Abfall vermeiden, unvermeidbaren Müll wenn möglich fürs Recycling getrennt und korrekt entsorgen und gemeinsames Engagement für einen sauberen öffentlichen Raum.
Vermeiden: Die effektivste Strategie gegen Littering ist, Abfall zu vermeiden. Wenn der Abfall nämlich im richtigen Mülleimer landet, findet schon gar kein Littering statt. Er ist korrekt entsorgt und wird anschliessend recycelt oder verwertet, statt uns den Aufenthalt im Park oder die Aussicht zu verschandeln. Das gilt vor allem, wenn wir unterwegs sind. Zudem ist es häufig stilvoller, ein Getränk in einem Café aus einer Porzellantasse zu trinken, den Einkauf in einem Rucksack nach Hause zu bringen oder das Steak beim Grillen mit einem richtigen Messer zu verschneiden statt mit einem Plastikmesser, das wie immer bricht.
Entsorgen: Um «sauber» zu entsorgen, braucht es Abfalleimer. Je weiter der nächste entfernt oder je schlechter er sichtbar ist, desto wahrscheinlicher landet unser Müll auf dem Boden. Und wenn der Eimer voll ist, landet der Müll ebenfalls auf der Strasse oder auf der Wiese. Optimal ist es natürlich, wenn man alle Sorten von Müll in den richtigen Eimer wirft, falls eine solche Separatsammlung möglich ist. Ist dieser Anspruch verinnerlicht, haben wir es geschafft. Dann sieht man am Bahnhof automatisch den richtigen Abfalleimer, greift in die Jackentasche und entledigt sich ganz automatisch der Papierchen und Taschentücher, die sich angesammelt haben. Dann haben wir die richtige Einstellung gefunden: Littering ist einfach überflüssig.
Engagieren: Um Lebensqualität und eine saubere Umwelt zu schaffen, braucht es Leute, die einen Unterschied machen. Hierfür müssen wir uns klarmachen, wie überflüssig Littering ist und wie unbedacht Müll häufig liegengelassen wird. Und wir müssen erkennen, dass wir einen Beitrag zu einer Littering-freien Welt leisten können. Ein Hinweis an einen Mitmenschen, der seinen Müll liegen lässt, kann Bewusstsein schaffen. Und wenn man mal eine Dose einer anderen Person aufhebt und in den nächsten Abfalleimer wirft, bricht man sich keinen Zacken aus der Krone.
Seit einigen Jahren werden die Bewegungen im Kampf gegen Littering immer zahlreicher und aktiver. Hier ein paar Beispiele:
IGSU – Interessengemeinschaft für eine saubere Umwelt
Die IGSUTarget not accessible wurde 2007 gegründet. Dahinter standen am Anfang die privatwirtschaftlich organisierten Recycling-Unternehmen IGORA(Genossenschaft für Aluminium-Recycling) und PRS (Verein PET-Recycling Schweiz), die sich bereits seit 2004 gemeinsam gegen Littering engagieren. Eine offene Plattform im Kampf gegen Littering ist entstanden und weitere Partner aus konsumnahen Gebieten sowie der Recycling-Wirtschaft konnten gewonnen werden, um gemeinsame Massnahmen umzusetzen. Auf dem Programm stehen die Aufklärung durch IGSU-Botschafterinnen und -Botschafter über den Umgang mit Abfall und recycelbaren Wertstoffen sowie allgemeine Informationsarbeit. Der Fokus liegt unter anderem auf dem Einsatz von Botschafterinnen und Botschaftern gegen das Littering in Städten und Gemeinden, der Sensibilisierung an Schulen sowie der Beratung von Gemeinden und Schulen in Sachen Littering und Recycling. Darüber hinaus führt die IGSU jährlich den nationalen «Clean-Up-Day» durch.
Trash Hero
Trash HeroTarget not accessible ist eine globale Bewegung von Freiwilligen, die von Trash Hero World geführt, unterstützt und geleitet wird. Das Herzstück ist ein wachsendes Netzwerk von Chapters, lokale Organisationen ohne eigene Rechtspersönlichkeit, die Trash-Hero-Programme durchführen. Derzeit erstreckt sich das Netzwerk über 19 Länder auf der ganzen Welt: Indonesien, Thailand, Malaysia, Myanmar, Singapur, Tschechische Republik, Rumänien, Serbien, Slowakei, Schweiz, Polen, Niederlande, Deutschland, Georgien, Japan, Vietnam, Kuwait, USA und Australien. Der Vereinsvorstand setzt sich aus Schweizer Bürgerinnen und Bürgern zusammen. Die Managementverantwortung wird an eine Geschäftsführung und ein internationales Support-Kernteam delegiert.
Battery-Man
Noch immer landet in der Schweiz jede fünfte leere Batterie im Abfall. «Zu viel», findet Battery-ManTarget not accessible und legt sich voll ins Zeug, damit niemand mehr Batterien wegwirft, sondern diese sammelt und zurückbringt – entweder an eine öffentliche Sammelstelle oder überall dahin, wo Batterien verkauft werden. Battery-Man kämpft gegen die Unachtsamkeit, denn immer noch landen jährlich 30 Millionen gebrauchte Batterien und Akkus im Abfall. Battery-Man ist Wiederverwerter– er glaubt an die Wiedergeburt von Dingen. Eine Batterie kann beispielsweise bis zu 95 Prozent wiederverwertet werden. Darum hält Battery-Man die Leute davon ab, Batterien in den Müll zu werfen. Battery-Man hat kein geheimes Hauptquartier. Er ist überall und nirgendwo. Und wer jemals Bekanntschaft mit seinem Battery-Bag gemacht hat, wird nie mehr eine einzige Batterie einfach so wegwerfen.