Aus einem Dach wird eine Energiequelle

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Ein gesicherter Arbeiter am Rande des Dachs

Ein gesicherter Arbeiter  am Rande des Dachs

Aus einem Dach wird eine Energiequelle So entsteht eine Photovoltaikanlage bei der Post

Schönstes Frühlingswetter und Aussicht auf Bundeshaus, Berner Münster und die Alpen. Aber die Blicke von Nicolas und seinem Kollegen sind auf eines der 1,72 x 1,13 Meter grossen Solarpanels fokussiert. In den kommenden zwei Wochen installieren sie deren 165 auf dem Dach des Postgebäudes. Die Anlage an der Engehaldenstrasse ist nur eine von vielen. Bis 2030 investiert die Post rund 40 Millionen Franken in den Ausbau von Photovoltaikanlagen.

Solarpanele auf dem Dach der Engelhalde

Wieso die Post sich dazu entschieden hat und die aktuelle Leistung verdreifachen will, erklärt Nadia von Veltheim, CEO von Post Immobilien: «Indem wir die Eigenproduktion von Solarstrom steigern, helfen wir nicht nur mit, die Elektrifizierung der Postflotte sicherzustellen, sondern werden bei der Beschaffung von Strom auch unabhängiger. Nicht zuletzt tragen wir so massgeblich zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 des Bundes bei, die speziell auf den Ausbau der erneuerbaren Energien abzielt.»

Zurück aufs Dach: Mit Klettergurten gesichert, verbauen die beiden Solarinstallateure alles von Handarbeit. Ein Lastwagenkran hat die knapp 5 Tonnen Material zu Beginn aufs Dach gehievt. Dann muss sich zuerst alles etwas «einpendeln», wie Nicolas, ursprünglich gelernter Automechaniker, sagt: «Nicht alles, was auf Papier geplant wird, lässt sich auf dem Dach auch 1:1 so umsetzen. Wir müssen mitdenken und Lösungen finden, das macht den Job auch so abwechslungsreich und spannend.»

Je die Hälfte der Panels richten sie nach Osten aus, die andere Hälfte nach Westen. Ein einzelnes Panel läuft separat, da es als einziges gemäss Berechnungen am 21. Dezember jeweils etwas Schatten abbekommen wird. «Die Trennung ist nötig, da sich die Leistung der Panels immer am schwächsten Glied orientieren und ein einzelnes die Stromproduktion von anderen unnötig drosseln kann.» Alle Solarpanels zusammen entsprechen rund der Fläche von 7 durchschnittlichen Einfamilienhaus-Dächern.

Eine Photovoltaikanlage auf jedem Postgebäude wäre falsch

Die Analyse und Planung im Vorfeld ist aufwendig. Jürg Krättli ist bei Post Immobilien für die Standortanalysen und Photovoltaikanlagen verantwortlich. «Zusammen mit weiteren Fachpersonen erfassen wir schweizweit bei allen Poststandorten das Potenzial für PVA. Wie ist die Sonneneinstrahlung über das Jahr? Welche Standorte eignen sich? Und wie sieht es mit der Wirtschaftlichkeit aus?»

An der Engehaldenstrasse gibt unter anderem die anstehende Flachdachsanierung aufgrund des Alters den Ausschlag. «Bei der ohnehin nötigen Sanierung können wir gleich die nötige Tragfähigkeit und Absturzsicherung für Photovoltaikanlagen integrieren», erklärt Manuel Gonzalez, der als Projektleiter für die ganze Abwicklung zuständig ist.

Auch mit Kies beschwerte Platten werden verlegt. Nicolas montiert darauf mit dem Akkuschrauber ein Solarpanel und lacht: «Die Beschwerung mit Kies ist nötig, sonst würden bei Wind die Solarpanels einfach wegfliegen.» Die Photovoltaikanlage ist – bis auf starken Hagel – sehr witterungsbeständig. Selbst bei Schnee und Regen wird sie noch immer rund 20 bis 30 Prozent der Leistung produzieren.

Das Dach mit den Solarpanels aus der Vogelperspektive

Materialengpässe und Fachkräftemangel als Herausforderung

Mittlerweile ist Sommer. Die Solarpanels glitzern in der Sonne. Strom produzieren sie nicht. Noch nicht. Was ist los? «Es ist schwierig, Unternehmen zu finden, die über qualifiziertes Fachpersonal verfügen und welche beim Material die Liefertermine einhalten können», erklärt Manuel Gonzalez die Verzögerung. Ersteres hat geklappt und nach langem Warten ist nun auch das fehlende Material eingetroffen.

Nach den Arbeiten auf dem Dach erfolgen nun die Anpassungen im Inneren des Gebäudes. Zwei Schienen bringen die Solarenergie ins Gebäude und in den Wechselrichter. Dieser wandelt die Solarenergie in haushaltsüblichen Wechselstrom um, wie er aus jeder Steckdose kommt. Der Wechselrichter, kaum grösser als zwei Schuhschachteln, ist daher entscheidend. Und genau dieser fehlte. 

Bevor der Betrieb jetzt definitiv startet, lässt Manuel Gonzalez auf dem Dach noch eine Überwachungsanlage installieren. «Sie misst die Einstrahlung der Sonne sowie die Solarproduktion. Im Vergleich sehen wir, ob die Panels optimal funktionieren und können allenfalls schnell handeln.» Dieses Messinstrument dient der langfristigen Überwachung und Optimierung.

Der grosse Tag ist unspektakulär

Am Donnerstag, 31. August 2023, ist es endlich so weit: Auf dem Postgebäude an der Engehaldenstrasse wird Solarstrom produziert. Was spektakulär klingt, ist in der Tat einfach ein Knopfdruck.

Sichtbar ist die Umstellung auch auf dem Bildschirm von Photovoltaik-Koordinator Jürg Krättli: «Wir sehen, dass die eingespeiste Energie der ersten Wochen die Erwartungen erfüllt. Ein definitives Fazit über den Energieertrag lässt sich jedoch erst nach einem ganzen Betriebsjahr ziehen.» Sichtbar ist die Umstellung auch auf dem Bildschirm von Photovoltaik-Koordinator Jürg Krättli: «Wir sehen, dass die eingespeiste Energie der ersten Wochen die Erwartungen erfüllt. Ein definitives Fazit über den Energieertrag lässt sich jedoch erst nach einem ganzen Betriebsjahr ziehen.» Unter optimalen Bedingungen ist mit einem Jahresertrag von rund 65 300 kWh zu rechnen, was ungefähr den durchschnittlichen Jahresverbrauch von 14,5 Haushalten decken würde.

Obwohl sämtlicher Strom dem Eigenverbrauch am Standort dient, spüren die Mitarbeitenden im Gebäude von der Umstellung nichts. Und dies wird auch zukünftig so sein. Einzig vielleicht, wenn einmal im Jahr die Wartung und Reinigung stattfindet und Menschen auf dem Dach herumklettern.