Vom Hof auf den Tisch

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Vom Hof auf den Tisch Ein Marktbesuch mit Laura Schälchli

Von Elena Anghelescu

Zürich, Helvetiaplatz. Freitagmorgen, 7.45 Uhr. Es nieselt leicht. Um mich wuseln die Leute bereits eilig herum. Der Markt zeigt sich auch bei wolkenverhangenem Himmel von seiner geschäftigen Seite. Knapp 40 Marktstände stehen seit 6 Uhr morgens bereit für den Wocheneinkauf der Zürcherinnen und Zürcher. Dieser Marktbesuch fällt jedoch für mich etwas anders als sonst aus, denn heute begleite ich Laura Schälchli bei einer ihrer Marktführungen. Die Zürcher Gastronomin und Gourmande ist die kreative Macherin hinter Sobre MesaTarget not accessible, einem Unternehmen für Themen rund um die Esskultur, und veranstaltet seit 2014 regelmässig Marktentdeckungstouren.

  • Pünktlich um 8 Uhr taucht unsere kleine Gruppe – mit dabei auch bekennende Marktnovizen – ins emsige Treiben zwischen Gemüsekisten und Einkaufstaschen ein. «Der Markt am Helvetiaplatz eignet sich wunderbar, um Spezialitäten jeglicher Art zu entdecken und nebenbei den Wocheneinkauf zu erledigen», schwärmt Laura und will wissen, was wir uns vom Marktbesuch mit ihr erhoffen. Der Gruppe brennen verschiedene Fragen unter den Nägeln. Ist das Gemüse qualitativ besser als im Supermarkt? Wie erkennt man, ob das Angebot dazugekauft oder von Händlern selbst produziert wird? Lässt sich wirklich alles auf dem Markt finden, was man braucht? Laura verspricht, während der Führung auf sämtliche Fragen einzugehen.

Beziehungen – das A und O auf dem Markt

Als Erstes erklärt Laura, wie man den wöchentlichen Marktbesuch zur Gewohnheit werden lässt: «Hier einzukaufen ist reine Übungssache. Wie bei allem im Leben, das man sich angewöhnen möchte, braucht es ein bisschen Geduld – dann fägt’s aber.» Auch bei Laura hat es etwas gedauert, bis der regelmässige Marktbesuch zur Gewohnheit wurde. Doch es hat sich gelohnt: «Mit der Zeit lernt ihr nach und nach die verschiedenen Produzenten und die Geschichten hinter ihren Produkten kennen. Das finde ich eines der schönsten und wichtigsten Erlebnisse auf dem Markt. Es entstehen echte Beziehungen! Sie sind das A und O, wenn ihr einen nachhaltigeren Umgang mit Lebensmitteln in eurem Leben umsetzen wollt.» 

Laura wendet sich dem Stand von Familie Aebli-Liechti zu und erzählt: «Die feinen Kräuter und das frische Gemüse von Judith Aebli und Dani Liechti aus Ebmatingen schmecken mir schon aus dem Grund besser, weil ich die beiden und ihren Biohof kenne und weiss, mit wie viel Herzblut sie für die Qualität ihrer Produkte arbeiten.» Der persönliche Bezug macht den Unterschied aus. Zwischen dem heimischen Koriander, duftendem Rosmarin und bunten Salaten legt uns Laura diesen Aspekt besonders ans Herzen; denn nur so steige mit der Zeit die Bereitschaft, für regionale Produkte etwas mehr zu bezahlen.

  • Tipp 1

    Der frühe Vogel fängt den Wurm, das gilt besonders auf kleinen Märkten! Daher lohnt es sich, am besten noch vor der Arbeit einkaufen zu gehen. Dann findet man noch die ganze Vielfalt vor!

Einkaufen, aber bitte ohne Umwege und Verpackung

Bei den farbenfrohen Gemüse- und Obstständen teilt Laura weitere wertvolle Tipps mit uns: «Wollt ihr auf dem Markt lokal produziertes Gemüse und Obst kaufen, dann empfehle ich euch, nach den grünen Gemüsekisten Ausschau zu halten.» Diese sind in der Regel ein gutes Indiz dafür, dass die Produkte direkt vom Produzenten stammen. Dazugekaufte Produkte würden oft in Kartonschachteln oder Holzkisten angeboten. «Die Anbieter sind jedoch verpflichtet, die Waren zu deklarieren», erklärt Laura «Die selbst produzierten Sorten erkennt ihr durch die Angabe ‹Eigenanbau›.»

  • Und? Ist das Gemüse und Obst auf dem Markt tatsächlich besser und frischer als jenes im Supermarkt? Die Qualität ist gemäss Laura nicht per se besser, denn die Produzenten beliefern teilweise auch die bekannten Detailhändler. Dafür sind die Produkte umso frischer: «Ein grosser Vorteil des regionalen Marktgemüses ist, dass es wenige Stunden vor dem Verkauf geerntet und ohne Verpackung transportiert wurde. Zudem wird es in den meisten Fällen nicht mit Chemikalien behandelt, die verhindern, dass es weiterreift.» Kurze Transportwege, keine Verpackung – das macht den Einkauf attraktiv und nachhaltig.

Exotisch und doch heimisch

Der Enthusiasmus von Laura und die Stimmung auf dem Markt springen auf uns über: Der Salat scheint etwas grüner, die Rüebli knackiger. Und die Kürbisse, deren Saison erst gerade gestartet hat, lachen uns in verschieden Formen und Farben an. Es gibt auch Exotischeres zu entdecken: «Im August bin ich hier auf dem Markt über hiesige Pfirsiche und gerade letzte Woche über Schweizer Süsskartoffeln gestolpert», schwärmt Laura. Es gebe solche Leckereien auch ohne Flugzeug, Camion und Schiff, man müsse einfach stets die Augen offenhalten.

Beim letzten Gemüsestand gibt uns Laura mit auf den Weg, dass nicht nur das Einkaufen regionaler Produkte, sondern auch die richtige Menge wichtig sei. Auf dem Markt lasse sich das einfach steuern und man könne Food Waste verhindern, daher «nehmt das Rezept für den Znacht mit und lasst euch nicht davon abschrecken, in kleinen Mengen einzukaufen», rät sie. Man könne den Verkäufern genau angeben, wie viel man vom jeweiligen Gemüse oder Obst möchte.

  • Tipp 2

    Mit zwei Stofftaschen auf den Markt einkaufen gehen: In die eine kommen alle Produkte, die ohne Kühlung auskommen, in die andere diejenigen, die gekühlt werden müssen. Diese Tasche kann dann im Büro bequem im Kühlschrank deponiert werden.

  • Regionale Leckereien entdecken

    Wie auf anderen städtischen Märkten findet man auch auf dem Helvetiaplatz-Markt nicht nur Obst und Gemüse. Darum begeben wir uns zum Schluss noch auf Entdeckungstour zu den restlichen Ständen. Die Novizen staunen nicht schlecht: Es gibt Fisch, Fleisch, Eier, Milchprodukte, knusprige Brote, prächtige Blumen und auch Verarbeitetes wie Honig und Konfi. «Solche Stände machen immer wieder Lust zum Entdecken», erzählt Laura.
    Es gebe viele Leckereien zu finden, «aber auch hier solltet ihr euch achten und lieber einmal mehr nachfragen, woher die Produkte stammen, wenn ihr wirklich regional einkaufen möchtet.»

Nachgefragt, was Laura alles auf dem Markt einkaufe, antwortet sie: «Ich kaufe hauptsächlich Gemüse und Käse ein, hin und wieder Eier oder ein Suppenhuhn. Und ich gönne mir von Zeit zu Zeit eines der wunderschönen Blumenbouquets!» Als letzten Tipp gibt sie uns auf den Weg, dass wir uns wieder mehr mit der Saisonalität von heimischem Gemüse und Obst beschäftigen sollten. Wer nach Saison einkaufe, tue nicht nur sich einen Gefallen, sondern auch der Umwelt.

Nach rund einer Stunde endet die Tour mit Laura – und alle haben Wertvolles mitgenommen. Ich entscheide mich, noch eine letzte Runde zu drehen. Dabei entdecke ich frische Schweizer Artischocken, Schwarzkohl und einen sämigen Vacherin. Danke, liebe Laura, und danke, Helvetiaplatz, für diesen schönen Markt – ich komme gerne wieder!

Lauras herbstliches Marktrezept: Ofenkürbis

Laura liebt es, einfach, aber dafür umso schmackhafter zu kochen. Sie hat uns verraten, wie sie den am Markt erstanden Butternusskürbis zubereitet.

  • Den Kürbis ungeschält in grosse Schnitze schneiden, die Kernen entfernen
  • Auf einem Blech auslegen und mit reichlich Olivenöl beträufeln, mit etwas Salz und Pfeffer sowie Paprika würzen
  • Ca. 30 bis 40 Minuten im Ofen rösten

Nach dem Backen kann die Schale einfach weggeschnitten oder bei frischen Kürbissen auch mitgegessen werden. Die Kerne können auch weiterverarbeitet werden. 

  • Tipp 3

    Es ist sicherlich hilfreich, mit einer Einkaufsliste auf den Markt zu gehen. Jedoch lohnt es sich auch, mit offenen Augen auf Entdeckungstour zu gehen und sich überraschen zu lassen.

Gluschtig?

Auch in BernTarget not accessible und LausanneTarget not accessible gibt es geführte Markttouren. Keine Zeit für den Marktbesuch? Dann finde einen Bauern in deiner Nähe für frisches Gemüse – die Post übernimmt die Lieferung bis vor die Haustüre: